Bauen für den Klimaschutz

Nachhaltiges Bauen spielt auf dem Weg in ein klimaneutrales Österreich eine gewichtige Rolle.

Doch wo gibt es Einsparungsmöglichkeiten und welches Klimaschutzpotenzial hat der Holzbau? Darüber haben wir mit Klimaschutzministerin Leonore Gewessler, proHolz Austria-Holzbaufachberater Bernd Höfferl und dem Geschäftsführer des Österreichischen Fertighausverbands, Christian Murhammer gesprochen.

Mit dem klimaaktiv-Kriterienkatalog 2020 legt das Klimaschutzministerium (BMK) Anforderungen für nachhaltiges Bauen und Sanieren fest, um den Gebäudesektor bis 2040 treibhausgasneutral zu machen. Welche Rolle spielt dabei der Holzbau?

Leonore Gewessler (LG): Holz spielt im klimafreundlichen Bauen definitiv eine wichtige Rolle. Als Roh-, Werk- und Baustoff leistet es einen wirtschaftlichen Beitrag für Österreich und bringt ökologische Vorteile. Durch die Verwendung von Holz können andere Baustoffe, die mehr CO2 produzieren, ersetzt werden. Darüber hinaus sind Holzprodukte ein wichtiger Kohlenstoffspeicher und sie lassen sich am Ende des Lebenszyklus energetisch verwerten.

Klimaschutzministerin Leonore Gewessler sieht in der Vorfertigung großes Potenzial für den Klimaschutz.

Bernd Höfferl (BH): Global gesehen entstehen rund 40 Prozent der gesamten Treibhausgasemissionen durch den Bausektor. Das liegt vor allem an den hohen CO2-Ausstößen, die die Herstellung mineralischer Baumaterialien wie beispielsweise Zement mit sich bringt. Die Verwendung von Holz kann den CO2-Fußabdruck bei der Errichtung von Gebäuden drastisch reduzieren. Der natürliche Rohstoff trägt zu einer CO2-Reduktion bei, denn ein Kubikmeter Holz bindet eine Tonne CO2. Zudem wächst in Österreichs Wäldern jede Sekunde ein Kubikmeter Holz nach, alle 40 Sekunden entsteht also die Holzmenge für ein durchschnittliches Einfamilienhaus.

„Holz als Baustoff kann den CO2-Fußabdruck effektiv reduzieren“, so proHolz Austria-Holzbaufachberater Bernd Höfferl.

Christian Murhammer (CM): Fertighäuser sind Holzhäuser und können durchaus als Pioniere des Ökobaus bezeichnet werden. Oftmals überbieten schon Standardversionen die von der Wohnbauförderung oder anderen Öko-Richtlinien vorgeschriebenen Kriterien bei weitem. Darüber hinaus gehören die Mitglieder des Österreichischen Fertighausverbands zu den ersten Partnern der Initiative klimaaktiv. Im Hinblick auf Umwelt- und Klimaschutz spielt bei Fertighäusern – neben den genannten Vorteilen – auch der Transport eine wichtige Rolle. Während beim konventionellen Hausbau die Baustelle für unzählige Materiallief­e­rungen angefahren wird, braucht es für ein Fertighaus zwei LKW und einen Autokran. Allein dadurch werden CO2-Emissionen eingespart.

Für den Geschäftsführer des Fertighausverbandes Christian Murhammer sind Fertighäuser die Pioniere des Ökobaus.

Warum hält die Klimaschutzwirkung an, auch wenn das Holz aus dem Wald geerntet und als Baustoff genutzt wird?

BH: Während Bäume wachsen, entziehen sie der Atmosphäre CO2 und lagern den Kohlenstoff daraus im Holz ein. Erst wenn Holz verrottet oder verbrennt, wird der Kohlenstoff wieder frei und verbindet sich mit Luft zu CO2. Häuser aus Holz tragen dazu bei, dass Kohlenstoff möglichst lange gespeichert bleibt. Mindestens über die gesamte Lebensdauer des Gebäudes bleibt die CO2-Reduktionsleistung aufrecht. Sie verlängert sich nochmals, wenn Holzbauteile am Ende einer Wiederverwendung zugeführt werden.

Stichwort Wiederverwendung: Wie wichtig ist denn die Kreislauffähigkeit eines Gebäudes?

LG: Kreislauffähigkeit im Bauwesen bedeutet rückbaufreundliches Planen und Bauen sowie die verbauten Materialien zu dokumentieren. Es ist wichtig, dass für die Wiederverwendung oder das Recycling Materialien verwendet werden, die möglichst wenig mit Schad- und Störstoffen belastet sind. Zusätzlich ist bei Abbrucharbeiten auf einen „verwertungsorientierten Rückbau“ zu achten, damit die rückgewonnenen Materialien und Gebäudeteile aus dem Baubereich weiterverwendet werden können.

„Aktuell gibt es 1,5 Millionen fossile Heizungen in Österreich. Unser Ziel ist es – auch mittels Förderungen – die Raumwärme bis 2040 vollständig zu dekarbonisieren. “
Klimaschutzministerin Leonore Gewessler

Was ist der Status quo in Sachen Hausbrand, also der Beheizung bei Fertighäusern. Wo gibt es Klimaschutzpotenzial?

CM: Mit der Entscheidung für eine Gasheizung produziert man Abgase für die nächsten 20 Jahre und zu Lasten der nächsten Generation. Deshalb gehen im Neubau Öl und Gas absolut nicht mehr. Pellets, Hackgut oder Stückholz kann man in der Sanierung gelten lassen – alles besser als Öl – aber: Auch Biomasse erzeugt Emissionen. Daher ist auch diese Energiequelle im Fertighaus nahezu kein Thema. Bleibt der Strom als erste Wahl der Energieversorgung, der im Idealfall aus der eigenen Photovoltaikanlage kommt und im Gebäude gespeichert sowie mittels Gebäudesteuerung effizient genutzt wird. Wärmepumpen sind deshalb längst Standard. Auch Infrarot könnte eine Überlegung wert sein.

Wo ersetzt die Fertighausindustrie endliche Rohstoffe durch nachwachsende Baumaterialien wie Holz und erspart uns somit CO2-Belastungen?

CM: 85 Prozent aller Fertighäuser in Österreich werden in Holzbauweise errichtet. Zudem können Fassaden, Dämmmaterialien oder Holzwerkstoffe wie Platten, hohe Holzanteile beinhalten. Fertighäuser sind fast zur Gänze Niedrigenergiehäuser, hervorragend gedämmt, mit einer dichten Gebäudehülle und mit ökologisch gut verträglichen Systemen für die Gewinnung von Raumwärme und Warmwasser ausgestattet. Da die Durchschnittstemperaturen steigen, wird ein ange­nehmes Raumklima im Sommer zunehmend wichtiger als die Beheizung im Winter. Klimafreundliche Fertighäuser müssen daher durch geschickte Planung, Verschattung und Steuerung die Hitze draußen lassen, um möglichst keine Energie für die Kühlung zu benötigen.

In wie weit würden Sie der Fertighausindustrie eine Vorreiterrolle in Sachen Klimaschutz attestieren?

LG: Grundsätzlich hat die Vorfertigung von Gebäudeteilen in Kombination aus nachhaltigen Baumaterialien ein großes Potenzial für aktiven Klimaschutz. Im Neubau sind es Fertigteilhäuser, die meistens bereits mit 100 Prozent erneuerbaren Energien versorgt werden können oder als Plusenergiehäuser zusätzliche Energie erzeugen können. Wo ich mir noch Innovationsschritte erhoffe, ist bei der Sanierung von bestehenden Fertigteilhäusern. Auch hier kann industriell vorgefertigt werden, um die Sanierungszeiten zu verkürzen. Dazu kann die Digitalisierung in der Bauwirtschaft ihren Beitrag leisten.

BH: Die Fertighausindustrie ist technisch sicher ein Vorbild. Auch die thermische Qualität der Gebäudehülle und der Einsatz von zeitgemäßen Haustechniklösungen ist positiv zu bewerten. Dennoch gibt es auch für die Fertighausindustrie Herausforderungen. Bauteile müssen zukünftig leichter trennbar sein, es braucht eine Systematik, wie Kreislaufwirtschaft auch herstellerübergreifend und wirtschaftlich funktionieren kann und es braucht Antworten auf übergeordnete Herausforderungen wie Flächenverbrauch, Bodenversiegelung und Mobilität.

Holz wächst im Wald und braucht dazu nur Erde, Wasser, Licht und Luft.

Kurze Transportwege, denn Holz wird von Sägewerken in Österreich in der Regel aus einem Umkreis von rund 150 Kilometern bezogen.

Holzprodukte sind klimapositiv, weil sie in Summe mehr CO2 binden, als sie verursachen.

„Holzbau“ vs. „Mineralische Bauweise“

Rechnet man die positive Bilanz der CO2-Bindung im Holz und zieht die CO2-Emissionen in der Herstellungsphase ab, so erspart ein Quadratmeter Außenwandaufbau in Massivholz immer noch etwa jene Menge CO2, die ein vergleichbarer Wandaufbau aus Beton verursachen würde:
(Berechnung Holzforschung Austria)

  • Massivholz: - 88 kg CO2
  • Holzrahmen: - 45 kg CO2
  • Ziegel: + 57 kg CO2
  • Beton: + 82 kg CO2

Am Beispiel eines sechs-geschossigen Wohnbaus mit rund 50 Wohnungen zeigt sich, dass eine Errichtung mit Wänden, Decken und Dach aus Holz (Fundament, Keller und Treppenhaus blieben in mineralischer Bauweise) um 93 Prozent weniger CO2 verursacht, als eine Errichtung komplett in mineralischer Bauweise.
(Berechnung: ZT Gutmann)

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