Wissenswertes zum Rücktrittsrecht

Es kann viele Gründe geben, warum man ein Fertighaus doch nicht bauen kann, von der nicht erteilten Baubewilligung über die ...

... finanziell nicht stemmbaren baubehördlichen Auflagen bis zum privaten Notfall. Wir erklären dir, welche gesetzlichen Rücktrittsrechte es gibt und worauf du beim Vertrag achten solltest.

GESETZLICHE BESTIMMUNGEN

Für dich als Auftraggeber gibt es gesetzliche Bestimmungen in Österreich, über die du dich vor Vertragsabschluss informieren solltest. Denn in bestimmten Fällen bist du durch das Konsumentenschutzgesetz (KSchG) geschützt. Tipp: Wenn du mit der Fertighausfirma eigene Rücktrittsklauseln aushandelst, achte darauf, dass folgender Zusatz hinzugefügt wird: „Gesetzliche Rechte werden dadurch nicht beschränkt.“

RÜCKTRITTSRECHT VOM KAUFVERTRAG

Viele Fertighausfirmen sehen Rücktrittsrechte für den Käufer vor. Sie gelten meist für den Fall, dass keine Baubewilligung erteilt wird oder von der Baubehörde so hohe Auflagen verlangt werden, dass für dich ein Mehraufwand von mehr als fünf oder zehn Prozent des vereinbarten Preises entstehen würde. Dann kannst du vom Kauf zurücktreten und trägst lediglich die Kosten, die der Fertighausfirma bis zu diesem Zeitpunkt für z. B. die Planung entstanden sind. Es ist unbedingt ratsam, im Kaufvertrag Rücktrittsrechte zu definieren, denn der gesetzliche Schutz tritt nur bei bestimmten Fällen in Kraft. Allerdings sind die Rücktrittsklauseln bei jeder Fertighausfirma anders definiert, also unbedingt vorher genau lesen, damit es zu keinen Missverständnissen kommt.

STORNIERUNG DES VERTRAGS?

Auch ein Storno ist bei vielen Fertighausherstellern möglich, so kann z. B. der Vertrag bis zum Produktionsbeginn der Fertighauselemente storniert werden. Fällig wird dann etwa eine Gebühr von zehn Prozent des Kaufpreises. Sind vertragliche Rücktrittsmöglichkeiten mit weiteren Bedingungen verbunden, ist Vorsicht geboten. Lies den Kaufvertrag in diesem Fall ganz genau und lasse die unklaren Passagen eventuell von einem Rechtsberater prüfen.

WANN BESTEHT EIN GESETZLICHES RÜCKTRITTSRECHT?

Es gibt folgende im Gesetz geregelten Rücktrittsrechte, die im Folgenden näher beschrieben werden:

  • Rücktrittsrecht gemäß § 3a Konsumentenschutzgesetz (KSchG) – maßgebliche Umstände
  • Rücktrittsrecht gemäß § 3 Konsumentenschutzgesetz (KSchG) – Haustürgeschäfte
  • Rücktrittsrecht gemäß § 30a Konsumentenschutzgesetz (KSchG) – Immobiliengeschäfte
  • Rücktrittsrecht nach § 5 Bauträgervertragsgesetz (BTVG)
  • Rücktrittsrecht nach § 918 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB) – Verzug

RÜCKTRITTSRECHT GEMÄSS § 3A KSCHG – MASSGEBLICHE UMSTÄNDE

In gewissen Fällen schützt dich das Konsumentenschutzgesetz. Das Rücktrittsrecht gemäß § 3a KSchG zum Beispiel betrifft die sogenannten maßgeblichen Umstände. Es gilt nicht nur beim Kauf eines Fertighauses, sondern auch beim Kauf eines Grundstücks oder wenn Handwerker beauftragt werden. Die Voraussetzung für die Anwendung dieses Gesetzes ist, dass der Vertrag zwischen einer Privatperson und einem Unternehmer geschlossen wird, das nennt man Verbrauchergeschäft. Wenn die Fertighausfirma während der Vertragsverhandlung Umstände in Aussicht stellt, die dann nicht oder nur in viel geringerem Ausmaß eintreten, dann kannst du vom Kaufvertrag kostenlos zurücktreten. Zu diesen maßgeblichen Umständen gehören:

  • wenn in Aussicht gestellte steuerrechtliche Vorteile nicht eintreten,
  • wenn die in Aussicht gestellte Wohnbauförderung nicht bewilligt wird,
  • wenn die notwendige Zustimmung eines Dritten, z. B. der Baubehörde, nicht erteilt wird oder
  • eine in Aussicht gestellte Kreditfinanzierung nicht zustande kommt.

Die Frist für den Rücktritt beträgt eine Woche. Sie beginnt ab dem Zeitpunkt zu laufen, an dem du erkennst, dass die oben genannten Umstände nicht eintreffen und dir eine schriftliche Rücktrittsbelehrung ausgehändigt worden ist. Die Rücktrittserklärung musst du schriftlich per eingeschriebenem Brief an die Fertighausfirma schicken, und zwar spätestens am letzten Tag der Frist (Datum des Poststempels). Das Rücktrittsrecht erlischt einen Monat nach der Erfüllung des Vertrags.

RÜCKTRITTSRECHT GEMÄSS § 3 KSCHG – HAUSTÜRGESCHÄFTE

Auch bei diesem Gesetz ist die Voraussetzung ein Verbrauchergeschäft, also ein Vertrag zwischen einer Privatperson und einem Unternehmer. Dieses Rücktrittsrecht wird bei der Bestellung eines Fertighauses eher selten zur Anwendung kommen, eher noch bei Nebengeschäften, zu denen du „überredet“ wurdest. Eine wesentliche Voraussetzung für dieses Gesetz ist der Ort, an dem der Vertrag unterzeichnet wurde. Wenn du den Vertrag in den Geschäftsräumen der Fertighausfirma abschließt – dazu zählt auch das Musterhaus oder ein Messestand –, dann kommt ein Rücktritt nach § 3 KSchG nur in Betracht, wenn du durch eine Werbe- oder Ausflugsfahrt oder durch persönliches Ansprechen auf der Straße in die Geschäftsräume „gelockt“ worden bist. Bei den Nebengeschäften sieht es aber anders aus, wenn z. B. bei der Fertighausbestellung auch gleich Geschäfte mit Drittfirmen wie Bank oder Möbelhaus abgeschlossen werden. Diese finden ja nicht in den Geschäftsräumen der Unternehmen statt. Zweite Voraussetzung für einen Rücktritt ist, dass die Initiative zu diesen Nebengeschäften nicht von dir aus gegangen ist, sondern dir diese „aufgedrängt“ wurden. Allerdings ist das in der Praxis oft schwer nachzuweisen bzw. gibt es oft Abgrenzungsprobleme bei der Definition „locken“ oder „aufdrängen“. Daher ist in diesem Fall eine rechtliche Beratung sinnvoll. Die Rücktrittsfrist beträgt eine Woche und beginnt ab der Aushändigung der Urkunde, auf der Name und Anschrift der Firma, die Angaben zum Vertrag sowie eine Rücktrittsbelehrung vermerkt sind. Wenn es keine entsprechende Urkunde gibt, gilt das Rücktrittsrecht unbefristet (außer bei Versicherungen).

RÜCKTRITTSRECHT GEMÄSS § 30A KSCHG – IMMOBILIENGESCHÄFTE

Dieses Gesetz schützt dich bei Immobiliengeschäften vor übereilten Entscheidungen. Es betrifft:

  • Verträge, die über Vermittlung eines Immobilienmaklers abgeschlossen werden,
  • bereits errichtete Einfamilienhäuser und Grundstücke,
  • die zum Bau eines Einfamilienhauses geeignet sind.

Wichtige Voraussetzung ist der Erwerb des Hauses bzw. Fertighauses samt Grundstück. Somit ist es für alle, die das Grundstück separat erwerben oder geerbt haben, nicht anwendbar. Der Vertragspartner muss nicht unbedingt ein Unternehmer sein, er kann auch eine Privatperson oder ein Bauträger sein. Wichtig für die Anwendung dieses Gesetzes ist, dass du selbst der Interessent bist und das Grundstück bzw. das darauf gebaute Fertighaus zur Deckung des dringenden Wohnbedarfs für dich oder nahe Angehörige dient. Das Haus muss ein Hauptwohnsitz sein. In folgendem Fall kannst du vom Rücktrittsrecht gemäß § 30a Gebrauch machen: Wenn du das Grundstück zum ersten Mal besichtigst und noch am selben Tag eine Vertragserklärung, z. B. in Form eines Kaufangebots, machst. Du hast für den Rücktritt eine Woche Zeit. Das gilt auch für den Maklervertrag, und die Provision entfällt. In der Rücktrittserklärung muss keine Begründung angeführt werden.

RÜCKTRITTSRECHT NACH § 5 BTVG

Voraussetzungen für das Rücktrittsrecht nach § 5a des Bauträgervertragsgesetzes sind:

  • der Kauf von Fertighaus und Grundstück in einem Paket (= vom selben Verkäufer) und die
  • Anzahlung von mehr als 150 Euro pro Quadratmeter Nutzfläche vor Errichtung des Fertighauses.

Der Rücktritt kann in zwei Fällen erfolgen:

  1. Du hast bis spätestens eine Woche vor der geplanten Vertragsunterzeichnung noch nicht alle wesentlichen Unterlagen schriftlich erhalten.
  2. Die dem Vertrag zugrunde gelegte Wohnbauförderung wird nicht oder erheblich geringer bewilligt, und der Grund dafür liegt nicht bei dir.

Auch hier beträgt die Rücktrittsfrist eine Woche. Der Rücktritt ist kostenlos und sollte auch in diesem Fall aus Beweisgründen per eingeschriebenem Brief erfolgen.

RÜCKTRITTSRECHT NACH § 918 ABGB – VERZUG

Dieses Rücktrittsrecht nach dem Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuch tritt in Kraft, wenn der Vertragspartner von Kauf- und Werkverträgen in Verzug ist und vertraglich vereinbarte Termine nicht einhält. Natürlich sollte der Fertighauspartner die Möglichkeit erhalten, die Leistung in einer angemessenen Nachfrist zu erbringen. Es wird wahrscheinlich auch im Sinne des Auftraggebers sein, das Haus möglichst rasch fertigzustellen. In diesem Fall kannst du von der Fertighausfirma einen sogenannten Verspätungsschaden für z. B. längeres Mieten einfordern. Bevor du wegen Verzögerungen den Rücktritt erklärst, hole auf jeden Fall eine Rechtsberatung ein.

Neben den beschriebenen Rechten gibt es für Sonderfälle noch weitere Möglichkeiten, von Verträgen zurückzutreten. Das sind jedoch spezielle Einzelfälle, die gemeinsam mit der Rechtsberatung besprochen werden sollten.

Quelle:
Fertighaus & Recht Martin Gruber, Erwin Bruckner/Verein für Konsumenteninformation (Hrsg.), Wien 2012, 2. akt. Aufl.

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